Herr Pape baut eine Mauer

Den ganzen Sommer - immer wenn ich an der Sinstorfer Kirche vorbeiradelte - konnte ich sehen, wie Herr Pape mit großer Genauigkeit an einer ca. 50 cm hohen Natursteinmauer arbeitete. Damit verlängerte er wundervoll den Verlauf der Feldsteinmauer am Friedhof der Tausendjährigen Kirche. Auf diese Weise wiederbelebte Herr Pape ein historisches Bild vom alten Dorfkern in Sinstorf. Jeder, der nun dort vorbeifährt wird vielleicht denken, dass es nie anders gewesen ist.

Irgendwann habe ich ihn dann einmal auf seine Arbeit angesprochen und dabei auch einiges Interessantes über Sinstorf dazugelernt.

Herr Pape hat Ausdauer, das ist mal klar. Viele Steine wurden für den Mauerbau herbeigeschafft. Jeder Feldstein dabei mehrmals umgedreht, gewendet, begutachtet und erneut betrachtet, bevor Herr Pape dann mit geschultem Augenmaß und künstlerischem Blick entschied, an welcher Stelle welcher Stein seinen geeigneten Platz in der Mauer erhalten sollte. So mancher Stein bekam zuvor noch ein paar beherzte Schläge mit dem Meißel, damit er sich auch perfekt in die Fluchtlinie der neuen Mauer einfügt.
Herr Pape ist ein aufgeschlossener Mensch, im Schützenverein und bei der Freiwilligen Feuerwehr engagiert und gern für einen Klönschnack zu haben, aber: der Mörtel geht vor, der mit Zement und Sand für die Fugen in einem Eimer angerührt wird. Eimer für Eimer, und wenn ein Eimer angerührt war, dann war nicht viel schnacken, der Matsch mußte schließlich erst verbraucht werden, bevor er zu fest dafür wurde. 


Hier kann man sehen, wie um 1920 die Straßeneinmündung Sinstorfer Weg in den Sinstofer Kirchweg aussah. Dort, wo die Mauer gebaut wird, war früher nur ein Lattenzaun.


Eine alte Aufnahme zeigt den Sinstorfer Kirchweg (gelber Pfeil), den Sinstorfer Weg (grüner Pfeil) sowie den Glockenturm (1), das Häuslingshaus (2) in dem das Gesinde von Meyer auf'n Berg untergebracht war, die Tausendjährige Kirche von Sinstorf (3) und das Haupthaus vom Hof Meyer auf'n Berg (4). 

Das Gebäude von Meyer auf'n Berg war aufgrund seines Alters und den zwei Weltkriegen so arg mitgenommen, dass man es eigentlich nur abreissen wollte. Wenn da Anfang der 90er Jahre unseres letzten Jahrhunderts nicht Herr Pape auf der Suche nach einer neuen Bleibe für seine Werkstatt gewesen wäre! Er sah in dem maroden Gebäude ein Haus mit Potenzial. Entgegen allen Meinungen, die zu einem Abriss rieten, ließ er seiner Fantasie, seinem Wissen und handwerkliches Können freien Lauf und restaurierte und erneuerte nach alten Vorlagen das historische Gebäude in Sinstorf. Heute sicher auch zur Freude der vielen Menschen, die Tag für Tag hier vorbeikommen und - kaum den Tubel der Winsener Straße hinter sich gelassen - sich in eine andere, ruhigere Zeit zurückgesetzt fühlen. Man stelle sich nur vor, hier wäre ein modernes, mehrstöckiges Haus entstanden - welch' schöner Dorfkern wäre da zerstört worden!

links: Blick auf das Häuslingshaus, welches auch von Herrn Pape 2003 wieder neu - nach alten Vorlagen - gebaut wurde, klein, aber fein und mit Fußbodenheizung! Heute wohnt hier die Pastorin und darum wird es auch das "neue Pastorenhaus" genannt. Im Bild unten sehen wir links hinter dem dicken Stamm der Eiche, die auch schon auf dem Foto um 1920 zu sehen war, das neu errichtete "Häuslingshaus" und rechts die Giebelfront des neu errichteten "Meyer auf'n Berg- Hofes" - sogar die Pflastersteine der Auffahrt sind erhalten geblieben.

Und natürlich sehen wir auf dem unten stehenden Foto die fertige, wunderschöne Feldsteinmauer mit ihrem Verlauf vom Sinstorfer Kirchweg bis in den Sinstorfer Weg hinein.

Die Metallarbeiten an Haus und Hof sowie des Mauertürchens wurden alle aus Kupfer, dem Lieblingsmetall des Herrn Pape gefertigt. Aber so, dass es nicht ins Auge fällt, bemerkte er schmunzelnd dazu.


Echte Klempnerarbeit in Handarbeit, wohin man schaut, und dies ist die eigentliche Arbeit von Hermann Pape und Sohn. Heute sagt man Sanitärtechnik dazu, denn die Zeiten haben sich verfeinert und die Ansprüche der Kunschaft natürlich auch. Doch Herr Pape lud mich spontan in seine Werkstatt ein, wo noch so manch alte Gerätschaft ordentlich aufgereiht an den Wänden hängt und schwere, eiserne Maschinen stehen, mit denen man auch heute noch manuell und ohne Strom schöne Regenrinnen per Hand fertigen kann.


Und weil Herr Pape Zeit hatte und der Zement für heute schon verfugt war, zeigte er mir, wie aus einem flachen Stück Blech - schwuppdiwupps - eine von Hand gebogene Regenrinne entsteht.


Ich war so fasziniert, dass ich leider das Fotografieren vom endgültigen Produkt vergaß, aber ihr wißt ja selbst, wie eine schöne Regenrinne unter der Dachkante gekrümmt ist, oder?

Am Schluss stellte ich ihm noch die Frage, welches Meisterstück er als Klempner angefertigt hatte? Daraufhin zeigte er mir stolz sein Schaustück für die Meisterprüfung: eine wundervolle, auf Hochglanz polierte Kaffeekanne, die mich spontan an die 1920er Jahre im Stil des Art Deco erinnerte. Hier der Künstler und seine Schöpfung:


Die technische Zeichnung dieser achteckigen Schönheit konnte Herr Pape natürlich auch noch vorweisen - hat alles seine Ordnung hier - und ich konnte nur noch staunen über soviel Liebe zum Detail im Klempner.- und Sanitärhandwerk hier in Sinstorf.

 

Kommentare

1. Am Freitag, 10 November, 2017, 18:25 von AirdrieCa

Die Geschichte von Herrn Pape hat mir sehr gut gefallen. Danke für diese Berichterstattung.
Die Geschichte um diese Sinstorfer Kreuzung bei der Kirche und von Herrn Pape zeigt mir nur, wie interessant unsere nähere Heimat ist. .Ich glaube auch, dass man über Sinstorf noch mehr erfahren kann. Über den Nachbarort Marmstorf sind ja in den letzten Jahren ebenfalls sehr gute Geschichtsbeschreibungen herauasgegeben worden.Unsere Bevölkerung sollte sich insgesamt mehr für den schönen Südzipfel Hamburg interessieren, dann käme noch so manche wertfolle Information dazu.

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