Ein Besuch beim Sinstorfer Schützenverein von 1903
Also ehrlich: Hätte ich nicht die Absicht gehabt, für beiSins.de einen Bericht über die Sinstorfer Schützen schreiben zu wollen, wäre ich sicher niemals dorthin gegangen. Zum Glück jedoch hatte ich die Absicht!
Nachdem ich meine eigene Hemmschwelle also überwunden und die Schwelle zum Vereinshaus überschritten hatte, wurde ich, in Begleitung eines Nachbarn, äußerst freundlich von den größtenteils bereits etwas in die weiseren Jahre gekommenen Schützen und Schützinnen empfangen. Ein aufgeschlossenes "Schauen Sie sich um!" und "Ja, Sie dürfen alles fotografieren." machte es mir leicht, mit den eindrucksvoll geschmückten Trachtenträgern in Kontakt zu kommen.
Vogel und Fahne. Als ein vollkommener unerfahrenener Zeitgenosse der Schützen erfuhr ich einige interessante Details aus dem Leben eines Schützen. Da ist zunächst der liebevoll handgeschnitzte und bemalte Vogel, welcher jedes Jahr aus einer Distanz von 30m mit ca. 500 Schuss gemeinschaftlich zerschossen wird. Schützenkönig wird dann derjenige, welcher das Herzstück, die Brust vom Sockel holt. So ein Vogel besteht ferner aus: Krone, Krallen, Flügel, Zepter, Ring und Kugel und jedes hat seine besondere Bedeutung, das erklärte uns Herr Peter Grabau, den wir hier sehen.
Dieses Jahr (2018) wollte aber niemand so recht ein König werden - ja, das gibt es auch - und daher haben die Schützen nur ein wenig auf den Vogel geschossen und das Herzstück unversehrt gelassen. Bleibt halt eine Lücke in der beeindruckenden, aus Holz geschnitzten Königstafel seit 1903, erklärt uns der dreifache Sinstorfer Schützenkönig Herr Mattfeld vor der Tafel.
Auch die Schützenfrauen tragen mit Stolz und Freude ihre traditionell mit vielen Auszeichnungen besteckten Trachten. "Wenn die mal in die Reinigung müssen, dann hat man viel zu tun.", denke ich und schaue mir die bunten Kunstwerke aus Emaille und verschiedenen Metallen genauer an. Hier zeigt man sich und erfreut sich gegenseitig an den eigenen, sportlich vollbrachten Leistungen - "ein schönes Gefühl", denke ich.
Von Ilka Teschner, hier die erste von links, erfahren wir, dass der Jahresmitgliedsbeitrag erfreulich erschwinglich ist. Männer zahlen 87 Euro, die Damen 60 Euro. Dafür bekommt man jede Menge Traditionsbewußtsein, Zielsicherheit im Schuss und überregionale Ausflüge zu anderen Schützenvereinen.
Auch Nicht-Mitglieder sind hier gern gesehen:
Wer mag, kann jeden Freitag ab 19 Uhr mal im Sinstorfer Schützen auf ein Glas Bier oder Brause vorbeischauen und die netten Menschen ganz ungezwungen kennenlernen.
Die Frauen unter sich treffen sich im 14 tägigen Rhythmus.
Die eigene Leistung verbessern, sich im Wettkampf messen und gemeinschaftlich-kameradschaftlich wehrhaft sein - seinen Platz in der Gemeinschaft finden und ausfüllen, Zuverlässigkeit und Treue, diese Eigenschaften verbinden die Mitglieder des Schützenvereins - ja, man kann sagen: ein Leben lang.
Alfred Wildhusen hat diesem Tun einen Ort gegeben. Er spendete 1997 eine Millionen DM zur Errichtung der großräumigen, 50 m langen Schießhalle. Viele Hände packten mit an, um diese Halle auf einem "für die Ewigkeit gegossenen" Betonfundament zu errichten.
Der Geschoßfang, der die Energie der Geschosse aufnehmen muss, besteht aus mehreren, hintereinander angeordneten Lagen 10-15cm dicker Holzstämme. Das Holz ist so positioniert, dass die Geschosse auf die Schnittflächen der Stämme auftreffen, damit sie nicht die Hallenwand durchlöchern.
Und diese Halle hat Potential! Um die Schießhalle namens "Alfred Wildhusen" auch an den schießfreien Tagen auszunutzen, finden hier verschiedene Veranstaltungen statt, wie z.B. ein Flohmarkt vom Sportverein Grün-Weiss oder Tanzveranstaltungen.
Tradition lebendig durch die Zeit tragen 1:
Diese beiden Kanonen sind Geschenke aus Dresden zum 100jährigen Jubiläum von der "Priviligierten Schützengilde 1527 - Stadt Wehlen e.V." Und natürlich besucht man sich auch heute noch gegenseitig.
Tradition lebendig durch die Zeit tragen 2:
Hier sehen wir den Königsvogel von 1969. Es ist das letzte handgeschnitzte Stück des Peter Oheim, Schützenkönig und Ehrenmitglied. Seither schnitzt nun der oben erwähnte Peter Grabau die Vögel. Ein Schütze zu sein, das ist also weit mehr als Schießen.
Gemeinschaftliches Erleben steht hier an erster Stelle und es ist zu wünschen, dass sich zeitnah ein interessierter Nachwuchs wie Phönix aus der Asche erheben wird um weiterhin das Feuer der Tradition durch die Zeit zu tragen.
Vielleicht nicht mit Schuss und Geweih, aber mit einem modernen füreinander Einstehen in jeder Lebenslage.
Tradition lebendig durch die Zeit tragen 3:
Der Stifter Alfred Wildhusen, inmitten von Jagdtrophäen, die heute zwar noch geehrt, aber schon lange nicht mehr vermehrt werden. Sein Erbe, die wundervolle Schießhalle, sollte lebendig erhalten und für die Sinstorfer und Freundeskreise nutzbar gehalten werden.
Schnuppern Sie doch mal an einem Freitag dort vorbei!
Der Sinstorfer Schützenverein bietet viel Potential zur Erneuerung und die Schützen und Schützinnen wären sicher dankbar über den Erhalt und Fortführung des traditionellen Vereins aus der Kaiserzeit von 1903.
Ort: Beckedorfer Straße 1, 21077 Hamburg
Kommentare
Hallo ,hallo, was ist denn da los?
Zu meiner großen Freude kommt ein super Report über ein Schützenfest in SINSTORF in das Internet . Bin zwar Marmstorferin, aber das freut mich auch für unsere Nachbarn in Sinstorf. Endlich kommt da eine Botschaft rüber, dass hier liebe Menschen eine Tradion pflegen.Der Witz ist der, dass man das im Internet finden kann.Ich bekomme Besuch auis Canada und werde diesen ausgewanderten Deutschen auch das Marmstorf während des Vogelschießens zeigen. Sinstorf mit seiner schönen Kirche und das Kriergerdenkmal werden auch zum Rundgang gehören. Das wird auch ausgewanderten Sinstorfern oder Marmstorfern gefallen, denn es ist im INTERNET.. Ich weiß von unseren Freunden, dass die Ausgewandertetn sehr gerne im Internet über unsere Heimat stöbern.
Hallo.
Vielen lieben Dank für diesen tollen Bericht und euren Besuch bei uns im Sinstorfer Schützenhaus.
Es hat uns sehr gefreut, dass sich jemand für "unsere" alte Tradition interessiert.
Eine ganz tolle Seite habt ihr da erstellt!!!
Ich wünsche euch weiterhin viel Spaß und gutes Gelingen.
Liebe Grüße.
I.Teschner
Na also, da geht ja doch was. Auch ich bekomme Besuch aus Canada.
Am Mittwoch holen wir unsere Freunde vom Zug aus Berlin ab. Es sind Berliner, die in den 60er Jahren nach Alberta ausgewandert sind. Fast alle 3 Jahre waren wir bei ihnen zu Gast. Rodeos, Prärie und Rockies waren sehr schön.
Sinstorf steht auf der Liste der Besuchsorte. Die schöne Kirche wird jedenfalls gezeigt. Leider ist das Schützenfest vorbei, aber dann zeige ich wenigstens diesen Bericht, der einen Eindruck über unsere Kultur gibt.
Danke, dass Interessen auf dieser Website ausgetauscht werden können.