Von der Entstehung unserer Landschaft


Eiszeitlichen Ablagerungen, wie Findlinge (große, gerundete Felsbrocken) sind auch in Sinstorf aufzuspüren. Das Gebäude der 1000jährigen Feldsteinkirche birgt sicher auch den einen oder anderen Stein aus dieser Periode. Ebenso liegt ein großer Findling in Form eines lächelnden Walfisches (Foto) auf der Autobahnraststätte Harburger Berge, ost und verbindet tiefe Vergangenheiten mit unserer erlebten Gegenwart.


Der Stadtteil Sinstorf liegt, genauso wie Marmstorf, im Süden der Freien und Hansestadt Hamburg.

Lesen Sie hier - mit freundlicher Genehmigung des Autors Herbert Schulz aus Marmtorf - einen Auszug aus seinem Buch:

"Marmstorfer Chronik
mit den Ortschaften Appelbüttel und Lürade":

"... Unsere schöne Landschaft, der fruchtbare Ackerboden, Sand, Kiese und Steine sind Geschenke eines gewaltigen Naturereignisses, der Saaleeiszeit.

Vor 200 000 Jahren bildeten sich in Skandinavien riesige Gletscher, die aus nordöstlicher Richtung kommend ganz Norddeutschland bedeckten. Erst die deutschen Mittelgebirge konnten diese Gletschermassen bremsen.
Dreimal haben sie während der Saaleeiszeit unser Heimatgebiet mit einer bis zu 1000 Meter dicken Eisschicht überzogen. In wärmeren Jahren sind sie abgeschmolzen und zurückgewichen, während das Eis in kälteren Jahren das Land erneut bedeckte. Dieser Zustand währte ca. 100 000 Jahre.

Während der ersten beiden Eisschübe gab es die Elbe nicht. Der Höhenzug Neugraben war mit dem Höhenzug Blankenese verbunden. Schmelzwasser, welches sich in den Sommermonaten bildete, floss im heutigen Flußbett der Ilmenau, Seeve, Luhe und Este Richtung Süden in die Aller, Weser und dann in die Nordsee.

Während der dritten Vereisung bildete sich ein erster Durchbruch des Höhenzuges Neugraben-Blankenese. Wegen gewaltiger Mengen an Schmelzwasser wurde der Höhenzug mehr und mehr durchbrochen und das Flussbett der Elbe entstand. Gleichzeitig mit dem Entstehen der Elbe änderten die genannten Flüsse ihre Fließrichtung, die jetzt in Richtung Norden wechselte, so wie es bis heute geblieben ist.

Nachdem dieser erdgeschichtliche Vorgang sich vollzogen hatte, habem große Mengen Schmelzwasser die Marmstorfer Landschaft [mit Sinstorf und Umgebung] geformt. Das Appelbütteler Tal wurde in Richtung Osten ausgewaschen. Dabei wurde das Schmelzwasser vom Engelbek, dem späteren Mühlenbach aufgenommen, um dann in die Elbe zu fließen. (...)

Die Gletscher brachen in Skandinavien Gesteinsbrocken von den Felsen ab und transportierten diese bis in unser Heimatgebiet.

(Foto: Autobahnraststätte Ost, Harburger Berge)

Manche Steine legten dabei eine Strecke bis zu 1.000 Kilometer zurück. Dabei wurden die Steine abgeschliffen, sie wurden runder und es bildete sich Gesteinsmehl.
Außerdem haben die Gletscher Kreide aus Südschweden, aus Dänemark, aus dem Boden der Ostsee und von der Insel Rügen in sich aufgenommen. Diese Kreide wurde unter dem enomen Druck zu feinstem Kalk zerrieben. Der mitgeführte Sand, das Gesteinsmehl und der Sand wurden kräftig gemischt.

Als das Eis abschmolz, blieb das mitgeführte Material zurück und bedeckte die bis dahin unfruchtbare Erdoberfläche. Diese Schicht wird als Grundmoräne bezeichnet. Sie enthielt eine äußerst günstige Mischung aus Ton, Sand und Gesteinsmehl und man nennt diese fruchtbare Schicht Geschiebemergel. Im ursprünglichen, unverwitterten Zustand ist es der blaugraue, sandig-tonige Geschiebemergel, welcher zahlreiche kleinere und größere Steine enthält. Im Marmstorf [und den umliegenden Stadtteilen] bildete dieser Geschiebemergel den fruchtbaren Ackerboden. (...)

Be längerem Stillstand der Gletscher bildeten sich am Rand des Eises Ablagerungen, die als Endmoränen bezeichnet werden. Jedesmal, wenn das Eis weiter vordrang, wurde dieser Wall vor dem Eis hergeschoben. Als die Gletscher schließlich abtauten, blieben diese wallartigen Hügel zurück, die unser Landschaftsbild so anmutig beleben. (...)

Nach der Saaleeiszeit hatte eine klimatische Veränderung in unserer norddeutschen Heimat dafür gesorgt, dass es langsam wärmer wurde. Dadurch schmolzen die Gletscher in Norddeutschland ab, und das Schmelzwasser konnte durch die Elbe in die Nordsee fließen. Diese Wäremperiode dauerte von 90 000 - 60 000 Jahre v. Chr. und wird als Zwischeneiszeit bezeichnet. Aber bereits 60 000 Jahre v. Chr. setzte eine erneute Kälteperiode ein, die die skandinavischen Gletscher wieder anwachsen ließ. Wieder schoben sie sich auf norddeutsches Gebiet.

Die Weichseleiszeit (60 000 - 10 000 Jahre v. Chr.) hatte begonnen und überzog Norddeutschland mit Gletschern. Sie kamen aber nur bis Südstormarn und Bergedorf und haben das Stromtal der Elbe nicht mehr überquert. Daher gab es auch bei uns einen erheblichen Temperaturrückgang, welcher von stürmischen Winden begleitet wurde. Es herrschte das Klima einer Tundra.

Große Flächen im Landkreis Harburg waren gänzlich ohne Bewuchs und hier wirkten sich die starken Winde teilweise zerstörend auf den fruchtbaren, gefrorenen Boden aus. Andere Dörfer des Landkreises haben da mehr Glück gehabt. Dort haben die starken Winde den überaus fruchtbaren Flottlehm auf den Boden aufgetragen. (...)

Auch die Weichsel-Eiszeit wurde von einer Wärmeperiode abgelöst, die, in der wir heute leben. Die Gletscher zogen sich aus Norddeutschland zurück, blieben auf der Ostsee aber noch lange erhalten. Gab es wärmere Jahre, zog sich der Gletscher zurück, war ein Jahr kälter, wuchs der Gletscher wieder an. (...)

Die Erwärmung sorgte dafür, dass sich bei uns zunächst ein sparsamer Pflanzenwuchs einstellte. Es gab Rentierflechten, die Silberwurz und die kniehohe Polarbirke. Irgendwann war dann er Pflanzenwuchs ausreichend, so dass sich Rentiere davon ernähren konnten. Sie kamen in den Sommermonaten aus dem Süden gezogen und verließen im Herbst wieder unser Gebiet. Dieser Rhythmus wiederholte sich Jahr für Jahr.

Mit zunehmender Erwärmung siedelte sich später auch die Kiefer an. Unendlich lange dauerte die Verbreitung dieser Pflanzen. Neben dem bereits erwähnten Klima trug die geringe Ausbreitungsgeschwindigkeit eines Baumes mit dazu bei, wie lange es dauert, bis er Früchte trägt und wie weit dann die Samen gestreut werden."

Der Autor Herbert Schulz gründete 1987 das Marmstorfer Stadtteilarchiv, wo er Informationen, Dokumente, Kartenmaterial und Fotos sammelte und thematisch ordnete.

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