Volkstrauertag - Kriegerdenkmäler besuchen

Volkstrauertag - beiSins macht einen Ausflug zu den Kriegsgräberdenkmälern in und um Sinstorf herum. Unsere Ahnen werden staunen, denn diese Technik kannten sie noch nicht: vom Handy spielen wir zum Angedenken an die gefallenen Soldaten ein Lied für den Frieden und zünden eine Kerzen an. (Fast) alle von uns besuchten Denkmäler waren von den Gemeinden oder Schützenvereinen bereits mit einem frischen Kranz versehen worden. Da standen unsere kleinen Lichter also nicht allein.


Das erste Kriegerdenkmal - wer hat es erkannt? - steht am Sinstorfer Kirchweg und ist den Gefallenen aus dem 1. Weltkrieg (1914-1918), Ende also vor genau 100 Jahren, und dem 2. Weltkrieg (1937-1945), Ende also vor 73 Jahren, gewidmet. Der Schützenverein von Sinstorf war bereits vor Ort und hatte einen farbenfroh geschmückten Kranz hinterlassen. Mehr zu diesem Denkmal gibt es auch in diesem Bericht.

Emmelndorf in der Gemeinde Seevetal war unser nächstes Ziel und das Wetter meinte es gut mit uns. Auch hier gedachten wir dem Schicksal der Gefallenen, die sehr jung an Jahren mitten im Horror ihr Leben gaben, ob sie wollten oder nicht.


Das freistehende Kriegerdenkmal in Emmelndorf (Foto unten) ist von allen Seiten mit Tafeln versehen, auf denen die Namen der Soldaten aufgeschrieben sind und auch hier konnten wir unsere kleinen Lichter neben dem bereits vorgefundenen Kranz abstellen. Und auch wenn ich nie nie nie Heino mochte, "Ich hatt' einen Kameraden..." hat er schön gesungen und darum war hier ein würdiger Ort, um den Song aus dem Handy frei zu lassen.

In Fleestedt (Dorfstraße) werden wir das dritte Kriegerdenkmal heute am Volkstrauertag besuchen, das ebenfalls an beide Weltkriege erinnert, welche nicht nur von den Engländern als ein einziger Weltkrieg angesehen wird, der nur von einer 19jährigen Waffenpause unterbrochen war. 

Auf dem Weg dorthin denke ich über das Wort "trauern" nach: trau - trauen - sich trauen - zutrauen - vertrauen - treu - Treue - den Lebensbund der Ehe eingehen. All diese Wortschöpfungen drücken den Zustand der Nähe aus. Ich traue mir etwas zu, also ich bin nah dran und kann mir vorstellen, es zu tun. Ich habe Vertrauen in eine Sache, d.h. ich bin ihr nah und fürchte mich nicht und Treue klingt wie in Stein gemeißelt.
Indes: Schon sind wir am Ziel angekommen. Um das Fleestedter Kombi-Kriegerdenkmal beider, wenn man so will, Weltkriege sind ein Dutzend Feldsteine mit den Namen der Gefallenen ausgelegt. Viele heißen hier Willhelm, Adolf oder Emil. Wieso eigentlich Emil??


Auch in Fleestedt spielen wir ein Lied für die Gefallenen und beten für ihren und unseren Frieden, entzünden ein Licht - jetzt nur noch die ohne Deckel, was ein Fehler war, denn der leichte Wind reichte schon, um die Flamme gleich wieder auszupusten. Ab heute nur noch Grablichter mit Deckel, raune ich mir zu. Diese Tour ist meine allererste zum Andenken und Wertschätzung unserer Vorfahren. Als Jugendliche empfand ich den Volkstrauertag nur als lästiges Übel: Tanzverbote und keine öffentliche Musik, das Ganze flugs mit Hitler verbunden, ohne dem der zweite Krieg keiner gewesen wäre und buh, wegem diesem Unhold diese Einschränkungen! Bin mir sicher, dass ich nicht die Einzige war, die so dachte und die keinen lieben Gedanken an die armen, tapferen und oft allzu jungen Soldaten hatte, die niemals mehr tanzen oder laute Musik hören konnten. Oh wie verblendet man doch manchmal durch's Leben geht!

Es ist kalt, aber immer noch trocken und so radeln wir noch nach Hörsten (Deichstraße) zu einem weiteren Kriegsdenkmal und entdecken Überraschendes: Frau Bertha ist als bisher einziges weibliches Wesen auf den gewaltigen Gedenktafeln für die Gefallenen vermerkt. Wer aber kann den Nachnamen entziffern? Schreib' es mal in den Kommentar unten rein, danke. Ein weißer Esjuwi mit polnischer Nummer hielt direkt vor der kleinen Pforte dieser umzäunten Anlage und wir dachten schon erfreut "Hallo, ein weiterer Besucher!", aber dieser ging nur mit seinem kleinen, schwarzen Pinscher Gassi. Also hörten wir allein die zeitgenössische Zarah Leander "Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehn" aus dem Handy und entzündeten ein Licht. Hier kam es im Windschatten zu stehen. Nun, Thomas Akku ließ nicht mehr weit radeln und es war auch genug getrauert und angedacht irgendwie kann man ja alles übertreiben und: Es gab ja noch eine Anlaufstelle in Sintorf zu besuchen.


Auf dem Rückweg geht mir die Silbe trau wieder durch den Kopf: Trauern als Ausdruck innerer Nähe zu Etwas oder Jemanden. Verloren, gestorben - diese irgendwie abhanden gekommene Nähe wird durch unsere Gedanken spürbar. Wer aber sendet diese Gedanken? Könnte es meine Seele sein, die die von mir empfundenen Gedanken und Gefühle ausgesendet hat?

Unterdes erreichen wir wieder unsere Sinstorfer Kirche und es nieselt jetzt ein ganz klein wenig. Etwas unbeachtet im straßenabgewandten Teil der Tausendjährigen Kirche steht ein weiteres Denkmal, welches an die Kriegsopfer des Deutsch-Französischen Krieges von 1870-71 erinnert, woraus unter Bismarkscher Lenkung das Deutsche Kaiserreich samt eigener Verfassung entstand. Hier in Sinstorf fanden auch Kämpfe auf Leben und Tod statt und darum dieses Denkmal, dessen Inschriften leider kaum noch zu entziffern sind. Um die dort stehenden Baumstämme herum hatte man das Laub entfernt, aber die Stufen des Mahnmals haben wir selbst mit unseren erkalteten Händen vom Laub befreit, um das Licht darauf zu stellen. Blieb noch Marleene Dietrich übrig. "Sag mir, wo die Blumen blühn..." spielten wir für die Seelen der Verstorbenen all dieser grausigen Kriege. Der Tag ging zur Neige, Novemberfeuchte stieg auf und die Lust auf einen heißen Tee ebenso. Diesen Bericht schrieb Kirsten in ihrem achtundfünfzigsten Lebensjahr und ist hocherfreut, sich endlich mal mit den Seelen der Kriegsopfer, unserer Vorfahren und Ahnen auseinandergesetzt zu haben. Zur Nachahmung empfohlen.

Tipp:
Auf der online-Karte https://navigator.landkreis-harburg.de/  lassen sich noch weitere Orte finden, wo sich ein Denkmal anderswo und in der Nähe von Sintorf befindet. Zu diesem Zweck einfach das kleine Symbol suchen, ranzoomen und schon gefunden!

Weitere Denkmäler in der Nähe von Sinstorf und gut per Fahrrad erreichbar befinden sich zum Beispiel in:

  • Vahrendorf, 48 Grabsteine auf dem Krähenberg - Am langen Stein
  • Helmstorf, Helmstorfer Straße
  • Glüsingen, Auf dem Kamp
  • Meckelfeld, Mattenmoorstraße
  • Sieversen, Quellenweg
  • Nenndorf, Bremer Straße
  • Eckel, Haidkoppel
  • Gehrden, Gehrdener Deich

Dies war unsere Tour am Volkstrauertag 2018:

Kommentare

1. Am Mittwoch, 21 November, 2018, 19:32 von Airdrie Ca

Ich sage nur BRAVO
Das ist ja einmal eine Idee, im Internet auch über unsere Kriegstoten zu berichten, deren Gräber überall liegen. Schön dass diese Denkmäler auch geschmückt werden.
Ich hatte vor kurzer Zeit das Vergnügen von einem Iren in die Wicklow Mountains südlich von Dublin ausgeführt zu werden, wo eine von Irland gespändete Gedächtsstätte vorgestellt wurde. Ich wa baff, dass die Iren unserer Gefallenen gedenken.
Unsere Soldaten fielen für Ihre Heimat. Das sollte man würdigen Gerne ging da niemand in Feuer.

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