Sinstorf - Dorf der Naturverbundenheit

Eine Reportage aus einem Zeitungsbericht (leider unbekannter Herkunft), entstanden vermutlich in den mittleren 30er Jahren, indem die Schönheiten des Dorfes Sinstorf und der umgebenden Natur beschrieben wurden.

Wir erfahren mehr über "Sinstorpe" und die 1000jährige Kirche, die Art der damaligen Bebauung, die noch heute nchspürbar ist, das damalige Gasthaus von Gustav Wendt, der auch ein Kunstmaler war und schnuppern ein wenig am damaligen Lokalkolorit.

Sinstorf, Dorf der Naturverbundenheit

Malerische Winkel - künstlerisches Schaffen

"Sommerszeit! Ist es nicht wunderbar, heute durch die Flur, Feld und Au zu wandern? Die Kraft der Sonne gibt der gesamten Landschaft ein so farbenfreudiges, erhebendes Bild, dass man sich gar nicht genug daran satt sehen kann. Schlägt man in unserer Heimat hier oder dorthin den Weg und ersteigt irgendwo eine Anhöhe, so sieht das Auge ringsherum ein Gebilde, das in seiner zahlreichen Abwechslung wie ein Stück Märchenland anmutet. Das Herz weitet sich beim Anblick all dieser Schönheiten.

Die Gemeinde mit der 1000jährigen Kirche

Sinstorf, wohl jeder Harburger kennt es schon wegen der dort auf einem Hügel stehenden, nahezu 1000 Jahre alten Kirche. Harburg ist ja bekanntlich von einem Kranz großer Dörfer umgeben, die derart dicht beieinander liegen, dass man oft kaum merken kann, wo ein Dorf aufhört und ein anderes beginnt. Kanzlershof, Rönneburg, Langenbek, Marmstorf, Sinstorf und Meckelfeld liegen so nahe beieinander, daß sich fast immer an einer Stelle zwei Nachbardörfer mit ihren Häusern berühren. Dieses idyllische Sinstorf, dessen Namen aus dem Sächsischen stammt und früher einmal Sinstorpe geheißen haben soll, wollen wir heute einer Betrachtung unterziehen. Die eigentliche Veranlassung dazu, sich in dem Dorf ein wenig näher umzuschauen, gab das Orgelspiel, dass aus der Kirche weithin hörbar war, während wir im schattigen Garten des "Gasthauses Gustav Wendt" kurze Rast machten. Langsam zog die Dämmerung herauf, als der Diakon der Kirche einen Choral spielte. Wohl jedem, der bei dem stillen Abendfrieden diesem Spiel lauschte, beschlich ein Gefühl der Liebe zur Heimat. Es war eine wirkliche Erbauung, bald ganz in der Nähe der Kirche auf dem jahrhunderte alten, aber gut gepflegten Friedhof zu stehen und während des Orgelspiels angesichts der vielen Grabdenkmäler an das ewige Werden und Vergehen zu denken. Ganz Romantik auch der alte Glockenturm, der demnächst erneuert werden soll. Aber nicht nur der alte, sondern auch der schräg gegenüberliegende neue Friedhof ist eine schöne, schlichte Stätte des Friedens.

Vom Inneren der Kirche, die als Wehrkirche wahrscheinlich vor rund 1000 Jahren unter der Herrschaft des ersten Bischofs von Hamburg, Ansgar, erbaut worden ist, der 801 geboren worden ist. Ein Stück alter Kulturgeschichte stellt auch die Kanzel dar, die 1643 errichtet und ?88 (nicht mehr leserlich) erneuert wurde. Unmittelbar vor dem Altar fiel unser Blick auf eine große Steinlatte, deren Inschrift lautet: "Stadtkommandant von Harburg Anton Braun, geboren 1.09.1701, gestorben 12.12.1780." Hier liegt also der ehemalige Stadtkommandant von Harburg begraben, woraus zu entnehmen ist, dass Sinstorf einst eine große Bedeutung hatte. Und so ist es auch in Wirklichkeit gewesen.

Sinstorf ist wohl eines der ältesten Kirchspiele des Kreises Harburg. Es umfasst Sinstorf, Beckedorf, Wittenberg, Meckelfeld, Friesenwerdermoor, Rönneburg, Marmstorf, Appelbüttel, Lürade, Bahrendorf, Ehestorf, Alveser und Gottorf. Das genaue Alter von Sinstorf lässt sich nicht mehr feststellen. Aus der Geschichte ist zu entnehmen, dass bereits während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) die Kriegsfurien auch Sinstorf schwer heimsuchte. Die Kirche brannte damals völlig aus und musste in späteren Jahrhunderten erneuert werden. Das geschah erfreulicherweise im Stile der herkömmlichen Backsteinbauten. Im Jahre 1757, als Friedrich II. die schweren Kämpfe mit den immer weiter vordringenden Franzosen hatte, war es Herzog Ferdinand von Braunschweig, der mit seinem Heer die engere und weitere Umgebung von Sinstorf schützte, soweit es ihm nur irgend möglich war.

Der westliche Teil von Sinstorf, der glücklicherweise noch in seiner alten, niedersächsischen Art erhalten ist, darf als ein romantisches Fleckchen Erde bezeichnet werden. Hervorragend auf dem Pfarrhof sind die stur in die Höhe ragenden, viele Jahrhunderte alten Eichen, die teilweise einen Durchmesser bis zu 2 Meter haben. Einen sehr schönen Eindruck machen an der Landstrasse das Ehrenmal zum Gedenken an die gefallenen Söhne Sinstorfs beim großen Weltbrand, und ferner, unmittelbar am Fuß der Kirche das schlichte Mal zur Erinnerung an die Krieger, die beim deutsch-französischen Krieg 1870/71 den Heldentod starben.

Fast überall sieht man noch die schönen, niedersächsischen Strohdachhäuser, die von den Anwohnern außerordentlich, auch mit gärtnerischen Anlagen, gepflegt werden. Wie wir bereits am Montag berichteten, hat es der Kaufmann Scharf, der in Sinstorf in einem malerischen Winkel ein Landhaus besitzt, durchgesetzt, dass auch in Zukunft in Sinstorf Strohdachhäuser im niedersächsischen Stil erbaut werden können. Wer dieses reizvolle Sinstorf aufsucht darf nicht versäumen, auf dem Wege nach Beckedorf den Blick in die weite Umgebung schweifen zu lassen. Die Mühle auf dem Kattenberg hebt sich wundervoll von der Landschaft ab, die gezeichnet ist durch Acker und Felder und durch eine waldreiche Umgebung.

Welch ein Gegensatz zwischen dem Westen und Osten des Dorfes, das durch die Chaussee getrennt ist. Zum Westen das Bild bodenständiger Bauern, deren Geschlechter Jahrhunderte zurückreichen. So oft auch Zerstörungen zu verzeichnen waren, sie konnten dem Bauern, der an seiner Scholle hängt, den Mut nicht rauben. Auch als im Jahre 1901 ein großer Brand nicht weniger als 15 Häuser vernichtete, wurde mit eiserner Energie zugepackt, um nicht nur die Schäden zu beseitigen, sondern auch wieder schöne niedersächsische Häuser entstehen zu lassen. Im Osten dagegen eine große Siedlungsanlage mit weit über 80 Siedlerstellen. Bei dem Kontrast kann man aber feststellen, dass beim Bau der Siedlungen, die sich sämtlich auch geschmackvolle gärtnerische Anlagen ausnehmen, versucht worden ist, sich dem Landschaftsbild anzupassen.

Die niedersächsische Heimat im Bild

Da wohnt in diesem allerliebsten Sinstorf auch ein Kunstmaler namens Gustav Wendt, auf dem die Sinstorfer mit Recht stolz sind. Sie können das umso mehr, weil Wendt sich nicht einseitig als Künstler betätigt, sondern er auch ein vortrefflicher Landwirt ist. Er entstammt einem alten Sinstorfer Bauerngeschlecht, und so war es für ihn eine Selbstverständlichkeit, gleich seinem Altvorderer und seinem Vater, der heute noch trotz seinem hohen Alters von früh bis spät seiner Beschäftigung nachgeht, auch ein echter Landwirt zu werden. Tagein, tagaus sieht man ihn auf dem Felde arbeiten, doch immerhin findet er Mußestunden, um sich der Kunstmalerei mit ganzem Herzen zu widmen. Wahrlich, dieser Maler, der von 1925 bis 1932 studierte, hat es in sich (Anmerkung: und also muss dieser Zeitungsartikel nach 1932 entstanden ein). Wir suchten ihn in seinem, im Dachgiebel des elterlichen Hauses befindlichen Atelier auf und stöberten in seinen vielen Ölgemälden, Aquarellen, Bleistiftzeichnungen (Beispiel siehe Foto rechts) und Porträts herum. Was man auch an Bildern sah, überall offenbart sich der Niedersachse, der mit ganzer Seele an seiner Heimat hängt. Wir sahen u.a. stimmungsvolle Bilder aus Sinstorf und aus dem Heidegebiet, ferner ausgezeichnete Aquarelle besonders schöner Winkel und Bleistiftzeichnungen von der Sinstorfer Kirche sowie vom Friedhof. Ebenso interessant sind seine verschiedenartigen Studien und Porträts. Auf Befragen erklärte Wendt, dass ihn sein Beruf als Bauer ja wenig Zeit zum Malen übrig lassen, aber irgendwie, sei es nun morgens oder nachmittags, findet er seine Zeit zur Muße und Malerei.

Sinstorf liegt so unmittelbar an der Stadtgrenze. Wer es aufsucht, wird zweifellos mit starken Eindrücken heimkehren." - Ende des alten Zeitungsberichtes.

Kommentare

1. Am Samstag, 17 Februar, 2018, 14:00 von Greeman

Gute story, Ich würde mir wünschen, dass da vielleicht Fotos aus verschiedenen Jahreszeiten von Euch kommen.
Bin halt berufstätig und viel im Ausland unterwegs. Wenn ich nachhaiuse komme, freue ich mich über Eure Berichte und Informationen. Bin durch eine nette Dame auf diese Website gestoßen.
Macht bitte weiter.
Danke

2. Am Samstag, 3 März, 2018, 14:30 von Moderation

@[Greeman
Lieber Greenman
Es gibt auf diesen Seiten kein "Ihr", sondern Wir Alle aus Sinstorf und Umgebung beleben diese Website gemeinsam. Du kannst also gern ein Foto mit einem kleinen oder gern auch längeren Begleittext einreichen, der dann für dich hier veröffentlicht wird.

Kommentar eintragen (ohne Registrierung!)

Kommentare können mit einfacher Wiki-Syntax formatiert werden.